Happy Birthday, iPhone!
„Dieses Telefon wird nur einen Knopf haben. Kriegt raus, wie.“ Das verlangte Steve Jobs von seinen Entwicklern, als es um die Entwicklung des ersten iPhone ging. Vor genau fünf Jahren kam das bahnbrechende Smartphone von Apple auf den Markt. Happy Birthday, iPhone!
Jetzt ist es so weit: Apple übernimmt sich. Das Unternehmen will in den umkämpften Mobilfunkmarkt einsteigen, und diesem Markt auch gleich noch neue Regeln diktieren. Das wird nichts.
Oh, doch, es wurde was. Vor fünf Jahren hätte noch keiner gedacht, dass der Computer(!)hersteller Apple Computer Inc. – pardon, Apple Inc. – den Handymarkt auf den Kopf stellt.
Das halbe Apple-Handy – ein Fehlstart
Der Wunsch, ein Smartphone zu entwickeln, entsteht aus weiser Voraussicht. „Was uns die Butter vom Brot nehmen kann, ist das Handy“, erklärt im Jahre 2005 der damalige Apple-Chef Steve Jobs in einem Meeting. Damals macht der iPod fast die Hälfte des Umsatzes des Unternehmens aus.
Was passiert, wenn diese Telefone auch vernünftige Musikplayer werden? Der iPod wird überflüssig.
Also tut sich der Elektronikkonzern mit Motorola zusammen. Heraus kommt das ROKR, ein normales Handy mit zwei besonderen Eigenschaften: Erstens, es kann 100 iTunes-synchronisierte Songs speichern, aber keinen mehr. Zweitens, es ist ausgesprochen hässlich.
Das Magazin Wired fragt provokativ: „Das soll das Telefon der Zukunft sein?“
Walter Isaacson schreibt in seiner autorisierten Biografie von Steve Jobs: Jobs war wütend. „Ich habe diese Idiotenfirmen wie Motorola wirklich satt“, erklärte er (…). „Wir machen es jetzt selbst.“
Die Geburtsstunde der iPhone-Idee.
Das Steve Jobs-Handy
Das Apple-Handy soll anders werden, als die verbreiteten Mobiltelefone. Eines, das man nicht hasst. Eines, das man leicht bedienen kann. Die Philosophie und viele Entscheidungen zum iPhone werden dem verstorbenen Steve Jobs zugerechnet.
In der ersten Entwicklungsphase verfolgen die Apple-Ingenieure zwei komplett unterschiedliche Bedienkonzepte, von denen eines umgesetzt werden soll:
Die Bedienung über ein vom iPod (classic) bekanntes Click Wheel. Es zeigte sich jedoch besonders bei der Eingabe von Telefonnummern als zu umständlich.
Zuschlag erhält die aufwendigere, riskantere, aber gleichzeitig vielversprechende Methode: Eine Multi-Touch-Bedienung auf dem Display.
Steve Jobs erlaubte nur einen Knopf an dem iPhone, weiß Jay Elliot, der als Senior Vice President von Apple Steve Jobs direkt unterstellt war. Keinen Einschaltknopf, keine Lautstärkebuttons, und erst recht keine Tastatur. (Gut, es kommt dann doch etwas anders: das aktuelle iPhone hat fünf Hardware-Bedienelemente) Das Smartphone muss ganz simpel sein. Ein Eingabestift, wie bei früheren Tablets üblich? Weg damit.
Warum so konsequent die Hardware reduzieren? Es bleibt mehr Platz für das Display. Und die Tastatur kann dem jeweiligen Zweck angepasst werden. Will der Nutzer eine Notiz eingeben, zeigt das Handy ein normales Keyboard an. Für eine URL wird häufig „.com“ und „/“ benötigt. Also zeigt die Tastatur diese Zeichen an. Will der Nutzer eine Telefonnummer eingeben, ist das halbe Display eine große Nummerntastatur.
Glanzleistung: Lob…
Am 9. Januar 2007 ist es soweit: Steve Jobs stellt drei Produkte vor:
Ein iPod mit großem Touch-Display,
ein revolutionäres Handy und
ein Internet-Kommunikator.
Alle drei Geräte sind in ein und demselben Gehäuse untergebracht: Tataa – es ist das erste „iPhone“. Die Präsentation – heute betrachtet eine Gänsehautnummer, und eine Sternstunde von Steve Jobs:
„Wie können wir das Gerät bedienen? Oh, wir nutzen einen Eingabestift. – Nein. Wer will einen Stift? Niemand will einen Stift. Also lasst uns keinen Stift verwenden. Verwenden wir das Eingabegerät, mit dem wir alle geboren wurden.“
Ein halbes Jahr später, auf den Tag genau vor fünf Jahren, erscheint das iPhone dann. Zuerst nur auf dem amerikanischen Markt, im November 2007 auch in Deutschland, nochmal fünf Monate später in Österreich.
Happy Birthday, iPhone!
Vieles erscheint uns heute selbstverständlich, was damals revolutionär war. Oder geklaut, aber weit besser als bisher umgesetzt. Das amerikanische Magazin Time wies laut Isaacson darauf hin, dass das iPhone „eigentlich nicht viele neue Fähigkeiten bringe, die vorhandenen aber viel besser nutzbar mache.“ Es kürt das iPhone zur Erfindung des Jahres 2007.
Das iPhone ist wegweisend, und die ersten Jahre konkurrenzlos. Schnelle und billige Nachahmungen des Betriebssystems iPhone OS (jetzt iOS) gibt es zwar genug. Aber sie sind lange nicht so gut umgesetzt, so liebevoll durchdacht, wenn nicht gleich komplett unbrauchbar. Die Konkurrenz braucht mindestens zwei Jahre, um Apple die Stirn bieten zu können (sofern man das vom HTC Desire sagen kann).
Es sind viele, viele Kleinigkeiten wie die oben genannte variable Tastatur, die das iPhone der ersten Stunde zu dem machen, was es ist. Weitere Beispiele:
Ein „Entsperren“-Wisch verhindert ungewolltes Einschalten.
Seiten und Listen sind dezent animiert, sie federn zurück. Schon das neuartige Scrollen erhält einen Zwischenapplaus in der iPhone-Präsentation…
Ein Näherungssensor erkennt beim Telefonieren, wenn das iPhone ans Ohr gehalten wird. Das Display wird abgeschaltet, um nicht versehentlich Touch-Funktionen zu bedienen.
Ein Helligkeitssensor dimmt das Display bei geringem Umgebungslicht.
Dank eines Bewegungssensors erkennt das Gerät, ob es hochkant oder waagrecht gehalten wird.
Mit Voicemail liegen die Anrufbeantworter-Nachrichten lokal auf dem Handy.
Für den Bildschirm verwendete Apple statt Kunststoff ein angenehmeres Material: Glas, speziell für das iPhone möglichst bruch- und kratzfest gefertigt.
Mittlerweile ist das iPhone weit mehr als nur drei Geräte in einem. Das iPhone 4 und 4S werden beliebte Fotokameras, die es sogar mit billigen Kompaktkameras aufnehmen können. Der App Store bietet abertausende von guten Anwendungen aus allen möglichen Themenbereichen. Dank der Leistungsfähigkeit der aktuellen Modelle sind die Telefone zusammen mit dem großen Bruder iPad eine erfolgreiche Spieleplattform.
…und Tadel – die Schattenseiten
Perfekt ist das iPhone dennoch nicht. Durchaus gibt es ein paar schwarze Flecken in der Geschichte des Apple Handys. Bekanntester Fehler: Die Antenne des iPhone 4. Sie schließt man leicht mit der Hand kurz, eine verminderte Empfangsleistung ist die Folge. Und so etwas bei einem teueren Hightech-Produkt. Durch schlechte Informationspolitik von Apple schaukelt sich „Antennagate“ zum Skandal auf, bis das Unternehmen jedem iPhone-Käufer einen kostenlosen Bumper, eine Minihülle, dazulegt. Kurzschließen wird dadurch unmöglich. Nach drei Monaten wird das Bumper-Programm leise vergessen.
Doch alles nur halb so schlimm?
Die Medien stürzen sich gerne auf Fehler von Apple. Kein Wunder, bei so einem perfekt polierten Unternehmen. Ein weiteres Beispiel: Die Ortsdatenspeicherung. Mit dem kleinen Programm iPhone-Tracker können sich Computer-Nutzer aus ihrem iPhone-Backup die Positionsdaten inklusive Zeitstempel anzeigen lassen. Ein Datenskandal? Die Daten sind laut Apple jedoch in dem Umfang nur auf den privaten Geräten des Nutzers gespeichert. Das Unternehmen selbst verarbeite höchstens anonymisierte Daten. Mit iOS 5 kam Apple Bedenkenträgern entgegen und verkleinerte die Datenbank auf ein Minimum.
Ein genereller Kritikpunkt am iPhone ist der App Store. Apple ist Torwächter des Download-Shops. Es gelangen also nur Anwendungen auf die iOS-Geräte, die Apple auch genehmigt hat. Manche Regelungen und Entscheidungen sind für Entwickler und Nutzer nicht nachvollziebar. Zumindest hält Apple dadurch aber auch Schadsoftware vom iPhone fern.
iPhone ohne Jobs: Die Erfolgsgeschichte muss weitergehen
Mit dem iPhone und den anderen iOS-Geräten hat es Apple geschafft, vom untergeordneten Computerhersteller zur Marktmacht zu werden. Apple muss nun ohne der Innovationskraft des Steve Jobs auskommen.
Mit dem Betriebssystem Android von Google ist die Konkurrenz Apple mittlerweile hart auf den Fersen. Macht nichts – Konkurrenz belebt das Geschäft. Ein gutes Produkt und eine gute Plattform bieten eine Basis für erfolgreiche weitere Jahre.
Wir benutzen das iPhone so oft, so gern, für so viele verschiedene Zwecke. Es ist ein fester Bestandteil unseres Alltags.
Kaum zu glauben, dass das iPhone erst fünf Jahre alt wird.
Alles Gute für die Zukunft.
Die Zitate stammen unter anderem aus den empfehlenswerten Büchern
- Walter Isaacson: Steve Jobs; erschienen im C.Bertelsmann Verlag; 24,99 Euro.
- Jay Elliot, William L. Simon: Steve Jobs iLeadership; Ariston Verlag; 19,99 Euro
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Quelle: giga.de